„Wenn Du mein Amt übernehmen würdest, könnte ich endlich zurücktreten.“ Diesen Satz hören Sie vielleicht öfter, wenn es um die Besetzung von Vorstandspositionen in Ihrer NPO geht. Viele langjährige Vorstandsmitglieder suchen dringend nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger. Doch jüngere Menschen fühlen sich oft von der traditionellen Vorstandsarbeit abgeschreckt. Das Problem liegt nicht im Desinteresse, sondern darin, dass die Rahmenbedingungen oft nicht mehr zeitgemäss sind.
In unserer täglichen Beratungspraxis sehen wir, wie NPO diese Herausforderung meistern. Junge Menschen für Vorstandsmandate zu gewinnen, erfordert ein Umdenken. Der Schlüssel liegt darin, alte Strukturen zu überdenken und die Vorstandsarbeit flexibler, digitaler und kollaborativer zu gestalten – ohne dabei die nötige Verbindlichkeit aufzugeben.
Warum jüngere Menschen oft vor Vorstandsmandaten zurückschrecken
Der Freiwilligen-Monitor Schweiz 2020 zeigt, dass die Mehrheit der Ehrenämter und Vorstandspositionen von älteren Generationen besetzt ist – besonders von Menschen über 55 Jahren. Junge Menschen engagieren sich zwar gerne, aber sie scheuen oft langfristige Verpflichtungen. Das liegt nicht an mangelndem Verantwortungsbewusstsein. Oft sind sie stark eingebunden – sei es durch Studium, Berufseinstieg oder familiäre Verpflichtungen.
Ein weiterer Aspekt ist die traditionelle Struktur vieler Vorstände. Regelmässige, lange Sitzungen und ein Mangel an Flexibilität passen nicht zum Lebensstil der jüngeren Generation. Sie erwartet mehr Agilität und Eigeninitiative. Gleichzeitig bleibt die Anforderung an ein Vorstandsmandat bestehen, sich verbindlich zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen.
Wie gelingt also der Spagat, die Vorstandsarbeit attraktiver zu machen, ohne die Anforderungen an das Ehrenamt zu verwässern?
Rahmenbedingungen neu denken: Flexibilität trifft Verbindlichkeit
Ein häufiger Ansatz in unserer Beratungspraxis ist es, flexiblere Rollenverteilungen und neue Führungsmodelle zu entwickeln. Diese Modelle senken die Hürden für junge Menschen und erfüllen trotzdem die Anforderungen der Vorstandsarbeit. Hier ein paar Beispiele:
1. Co-Präsidien und geteilte Führungsrollen
Die Vorstellung, dass eine Person allein die gesamte Verantwortung trägt, schreckt viele ab. Alternativen wie Co-Präsidien oder geteilte Vorstandspositionen verteilen die Aufgaben auf mehrere Schultern. Mentoring-Strukturen ermöglichen es, dass jüngere Personen Schritt für Schritt eine leitende Rolle übernehmen und gleichzeitig von der Erfahrung der Älteren profitieren. So können sich beispielsweise eine erfahrene Führungskraft und ein jüngeres Mitglied das Präsidium teilen.
Ein konkretes Beispiel aus unserer Beratungspraxis zeigt, wie ein Verband durch Co-Präsidien und Co-Vizepräsidien mehr junge Mitglieder in die Vorstandsarbeit einbinden konnte. Die Aufteilung der Verantwortung und gegenseitige Unterstützung machte die Arbeit attraktiver und sorgte für eine nachhaltige Integration. Zusätzlich zu Co-Präsidien hat der Verband auch eine klare Mentoring-Strategie eingeführt, um die jungen Vorstandsmitglieder besser auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Dies ermöglichte nicht nur eine erfolgreiche Einarbeitung, sondern förderte auch den intergenerationalen Wissensaustausch, der das gesamte Team stärkte.
2. Temporäre Mandate und flexible Amtszeiten
Feste Amtszeiten schrecken viele junge Menschen ab. Eine Lösung kann darin bestehen, temporäre Mandate oder begrenzte Amtszeiten anzubieten. Dies erlaubt es ihnen, in den Vorstand einzutreten, ohne sich langfristig binden zu müssen.
Ein weiteres Modell ist das Schnupper-Mandat. Junge Vorstandsmitglieder werden für eine begrenzte Zeit in den Vorstand aufgenommen. So können sie erste Erfahrungen sammeln und entscheiden, ob sie sich langfristig engagieren möchten. Diese Modelle geben jungen Menschen die Möglichkeit, sich in die Vorstandsarbeit hineinzufinden, ohne das Gefühl zu haben, sich langfristig zu verpflichten. So können auch unentschlossene Kandidaten gewonnen werden.
3. Digitale Tools und Online-Sitzungen: Dynamische Zusammenarbeit
Junge Menschen sind digital natives, und eine NPO, die sie für sich gewinnen möchte, muss das berücksichtigen. Die Möglichkeit, Sitzungen online abzuhalten und ortsunabhängig an Entscheidungen teilzunehmen, ist heute ein entscheidender Anreiz. Die meisten NPO haben erkannt, dass digitale Kollaborationstools nicht nur die Teilnahmequote erhöhen, sondern auch die Effizienz steigern.
Tools wie Microsoft Teams, Zoom und Slack sind längst Standard und werden von der jüngeren Generation als selbstverständlich erwartet. NPO, die diese digitalen Arbeitsweisen nicht nutzen, riskieren, veraltet zu wirken und jüngere Kandidatinnen und Kandidaten für Ehrenämter abzuschrecken.
Studien zeigen, dass 70 % der unter 35-Jährigen die Möglichkeit schätzen, flexibel von zu Hause oder unterwegs zu arbeiten – das gilt auch für ehrenamtliche Tätigkeiten. Die Einführung digitaler Kollaborationstools macht die Zusammenarbeit nicht nur dynamischer, sondern ist entscheidend, um sich an den modernen Lebensstil der jüngeren Generation anzupassen und ihr Engagement in NPO zu fördern.
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Was die nächste Generation wirklich motiviert
Strukturelle Anpassungen sind wichtig, aber auch die Motivation spielt eine grosse Rolle. Junge Menschen interessieren sich besonders dann für Vorstandsmandate, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Arbeit einen echten Unterschied macht.
1. Sinn und gesellschaftlicher Beitrag
Junge Menschen wollen etwas bewirken und einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten. Sie wollen nicht nur eine Funktion erfüllen und Aufgaben abarbeiten, sondern aktiv mitgestalten. NPO sollten deshalb sinnstiftende Aufgaben bieten, die motivieren. Besonders in Bereichen wie Klimaschutz, Digitalisierung oder sozialer Gerechtigkeit sind junge Menschen bereit, sich zu engagieren.
Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Sportverband konnte durch gezielte Projekte im Bereich Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Inklusion junge Vorstandsmitglieder gewinnen, die Verantwortung übernahmen und eigene Ideen einbrachten. Die Möglichkeit, eigene Visionen voranzutreiben, führte nicht nur zu einem Anstieg des Engagements, sondern auch zur Realisierung innovativer Ideen innerhalb des Vorstands. Dies zeigt, dass junge Menschen motiviert werden, wenn sie das Gefühl haben, wirklich etwas bewegen zu können.
2. Persönliche und berufliche Weiterentwicklung
Neben dem Wunsch, etwas zu bewirken, spielt auch die persönliche Weiterentwicklung eine grosse Rolle. Junge Menschen sehen ein Vorstandsmandat nicht nur als Ehrenamt, sondern auch als Chance, Führungskompetenzen zu entwickeln, Netzwerke zu knüpfen und berufliche Erfahrungen zu sammeln. Organisationen sollten klar kommunizieren, wie ein Vorstandsmandat Karrierechancen verbessern kann.
In der Praxis haben wir festgestellt, dass Mentoring-Programme, in denen ältere Vorstandsmitglieder ihre Erfahrung an die jüngere Generation als gleichwertige Partner weitergeben, besonders erfolgreich sind. Dies schafft nicht nur Vertrauen, sondern fördert auch den langfristigen Verbleib der jungen Vorstandsmitglieder in der Organisation.
3. Echte Anerkennung und spürbare Wertschätzung
Anerkennung und Wertschätzung sind mehr als nur nette Gesten. Sie sind essenzielle Motivationsfaktoren. Viele junge Menschen sind bereit, Verantwortung zu tragen, wenn ihre Arbeit gewürdigt wird. Eine Kultur der Wertschätzung drückt sich durch konkrete Handlungen aus: regelmässiges Feedback, öffentliche Anerkennung und Einbindung in wichtige Entscheidungen.
Ein Praxisbeispiel: Eine NPO führte vierteljährliche Feedback-Sitzungen ein, in denen Erfolge und Herausforderungen offen besprochen wurden. Die jungen Vorstandsmitglieder fühlten sich wertgeschätzt und verstanden, was zu einer höheren Motivation und langfristigen Bindung führte. Solche Massnahmen stärken nicht nur das Engagement, sondern schaffen auch eine Kultur des Vertrauens, die den Zusammenhalt im Team fördert.
Praxiserfahrungen: Erfolgreicher Generationswechsel in Vorständen
In der Praxis zeigt sich, dass der Generationswechsel in Vorständen besonders erfolgreich ist, wenn strukturelle Anpassungen vorgenommen werden. Eine Organisation, die wir beraten haben, führte als erstes Co-Leitungsmandate ein und ermöglichte regelmässige Online-Sitzungen. Zudem erhielten alle Ehrenamtlichen Zugang zu digitalen Kollaborationsplattformen. Diese Massnahmen förderten die Bereitschaft junger Menschen, langfristige Vorstandsmandate zu übernehmen. Sie erlebten, dass ihre Bedürfnisse berücksichtigt wurden.
Das in einem zweiten Schritt umgesetzte Mentoring-Programm unterstützte den Wissenstransfer zwischen den Generationen. Es half, Vorurteile auf beiden Seiten abzubauen und stärkte den Teamgeist im Vorstand. Die Verjüngung führte zudem zu einem intensiveren Umgang mit Social Media wie Instagram oder TikTok. Die neuen Vorstandsmitglieder traten als Botschafter ihrer NPO auf und überzeugten Gleichaltrige. Durch diese Peer-to-Peer-Werbung wurde der Vorstand innerhalb weniger Jahre merklich verjüngt, und das Image der NPO wurde für die nächste Generation attraktiver.
Fazit: Die NPO-Zukunft beginnt mit der nächsten Generation der Ehrenamtlichen
Um junge Ehrenamtliche zu gewinnen und langfristig zu binden, braucht es oft nur kleine Veränderungen. Auch wenn diese ersten Schritte manchmal Überwindung kosten – besonders in Vorständen, die seit Jahren in bewährten Strukturen arbeiten – lohnt sich die Anstrengung.
Es ist die Aufgabe des bestehenden Vorstands sicherzustellen, dass die nächste Generation bereit ist, die Führung zu übernehmen. Flexible Mandate, digitale Tools und eine Kultur der Wertschätzung, die durch regelmässiges Feedback und Anerkennung unterstützt wird, helfen dabei, junge Menschen einzubinden. Mentoring-Programme stärken das Vertrauen und erleichtern die Übergabe an die nächste Generation.
Junge Vorstandsmitglieder bringen neben neuen Ideen auch ihre Begeisterung für soziale Medien mit. Sie treten als Botschafterinnen und Botschafter auf Plattformen wie Instagram und TikTok auf. So gewinnen sie zusätzlich neue, jüngere Unterstützerinnen und Unterstützer für Ihre NPO durch erhöhte Sichtbarkeit in der digitalen Welt.
Wer als Vorstand klug handelt, setzt frühzeitig auf die Einbindung der nächsten Generation. Vertrauen Sie darauf: Ihre NPO wird mit ihr auch in Zukunft in guten Händen sein!
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